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„Filmmusik erzählt eine Geschichte“

Die neue Orchesterdirektorin des Braunschweiger Staatsorchesters Verena Rast im Interview

Verena Rast ist die neue Orchesterdirektorin des Braunschweiger Staatsorchesters. Bei dem vergangenen Filmfestival hatte sie ihre ersten Arbeitstage – nun hat sie das Eröffnungsfilmkonzert über viele Monate mitgeplant. Wir sprachen mit ihr über die Arbeit und Meilensteine des Staatsorchesters, das Medium Film und die Chancen derartiger Kooperationen.

 

Wie blickt das Staatsorchester auf die Zusammenarbeit mit dem Braunschweig International Film Festival?

 

Es ist immer etwas ganz Spannendes, weil es nicht unser tägliches Brot ist. Du bist weder im Rahmen eines Sinfoniekonzertes auf der Bühne, noch bist du als Teil einer Opernproduktion im Orchestergraben. In der VW-Halle das Filmkonzert zu spielen, ein anderer Ort, ein anderes Genre, macht diese Veranstaltung besonders.

Das ist eine spannende Bühne, die man dem Orchester bietet, mit viel Abwechslung, weil von Jahr zu Jahr jede Filmmusik komplett anders ist. In diesem Jahr wird es musikalisch mit Bram Stoker’s Dracula sehr eindringlich. Wir haben da wirklich große Lust drauf. Die Tradition der Zusammenarbeit ist schließlich sehr lange gewachsen und definitiv außergewöhnlich.

 

Wie würdest Du die Besonderheit eines Filmkonzertes beschreiben?

 

Der Film ist für uns ein gänzlich anderer Sparringspartner, ein Filmkonzert spielen wir ja nicht alle Tage. Es ist einfach super schön, als Braunschweiger Staatsorchester Teil dieser Eröffnung eines Braunschweiger Filmfestivals zu sein. Deswegen ist diese Kooperation auch so wertvoll. Das fließt einfach wunderbar zusammen, weil man Lust hat, für diese Stadt, in der man lebt und arbeitet, etwas Gutes auf die Bühne zu bringen. Bestenfalls verstehen die Braunschweiger:innen, dass dieses Filmfestival etwas ganz Besonderes ist – und kommen vorbei. Das Eröffnungsfilmkonzert hat das Potential als visuelles, emotionales und musikalisches Erlebnis ganz großes Kino zu werden.

 

Wie ist es für das Staatsorchester insbesondere diesen Film umzusetzen?

 

Dieses Thema passt in dieser Spielzeit hervorragend zu uns, weil wir auch die Schauspielproduktion „Nosferatu“ auf dem Spielplan haben. Ich finde diesen Film einfach großartig, weil er diese Oldschool-Ästhetik hat, die ich total mag und weil er es über die Musik schafft, die Atmosphäre des Films zu erzählen. Das macht es für die Musiker:innen auch spannend, weil die Musik so facettenreich ist und von packender Dramatik über zarte Melodien bis hin zu sphärischen Klängen durch den Chor Abwechslung bietet.

 

Was zeichnet eigentlich gute Filmmusik aus?

 

Filmmusik erzählt eine Geschichte. Mit Dramatik, Trauer, Romantik … wie auch immer die filmischen Emotionen sein mögen. Ohne Musik haben die Szenen in einem Film eine gänzlich andere Wirkung.

 

Hast Du einen Lieblingsfilm?

 

Es gibt viele Filme, die ich mag, aber ich muss an dieser Stelle einfach mal gestehen, dass mein Medium das Theater ist und die Oper mir meine Geschichten erzählt.

 

Welche Meilensteine würdest Du mit dem Staatsorchester gerne künftig noch erreichen?

 

Gerne würde ich noch mehr Jugendliche mit oder durch Orchester erreichen, um der Zukunft zu zeigen: klassische Musik ist cool – und Oper im Übrigen auch. Das erhoffe ich mir bestenfalls auch durch das Haus der Musik und Verknüpfungen, die dort durch die Musikschule entstehen. Es findet natürlich schon sehr viel Kinder- und Jugendarbeit statt, aber ich hätte gerne noch mehr Meilenstein-Momente in der gemeinsamen Orchesterarbeit.

 

Welche Chance bietet das Filmfest für Euch als Bühne?

 

Die Zielgruppenakquise ist in jedem Kulturbereich ein großes Thema, und ich glaube, dass die Kooperation sowohl für uns als auch für das BIFF sehr bereichernd ist, weil es eine wechselseitige Beziehung darstellt. So wie wir zeigen können und wollen, dass es cool ist, Teilhabe an einem Orchester zu haben, passiv oder aktiv, gibt es möglicherweise Menschen, die wegen der Musik kommen und dadurch auf das Filmfestival und das Medium Film aufmerksam werden. Daher ist diese Zusammenarbeit für beide Institutionen extrem wichtig.

 

Mit Blick auf das diesjährige Festival, worauf freust Du Dich insbesondere?

 

Tatsächlich habe ich mich darauf gefreut, alles von Anfang an mitzuerleben und mit den Menschen, also Beteiligten und Publikum am Ende zu genießen. Der Fokus liegt für mich auf dem Miteinander. Besonders freue ich mich darüber, den gesamten Prozess von der Idee, welcher Film ausgewählt wird, bis hin zur finalen Umsetzung mit dem Team begleiten zu  können. Die Kolleginnen und Kollegen vom Filmfest sind super herzlich, ich mag wirklich alle dort sehr. Es ist einfach schön, wenn man einen Kooperationspartner hat, dem es nicht nur um die sachliche Zusammenarbeit geht, sondern mit dem man seine Leidenschaft teilt.

 

Das Interview führte Falk-Martin Drescher.